Spurensuche – Schicksale von Menschen mit Behinderungen in der NS-Zeit

 

Das Projekt „Spurensuche“  begann mit Künstlerplakaten des Lauenburgischen  Kunstvereins zum Volkstrauertag, um dem zunehmend rechtsorientierten Gedenken dieses Tages als Heldengedenktag etwas entgegen zu setzen. Die Kulturwerkstatt des Lebenshilfewerks (LHW) Mölln-Hagenow hatte ursprünglich vor, mit Teilnehmern ebenfalls ein Künstlerplakat zu entwerfen. Mit der Auseinandersetzung zum Thema: „Braucht es Denkmale?“ „Wer ist ein Held?“ tauchten weitere Fragen auf: An wen soll gedacht werden? – „Nur“ an die gefallenen Soldaten oder auch noch an andere Opfer – Wer sind andere Opfer bzw. Opfergruppen? So war es nur  folgerichtig, sich auch mit der Geschichte der Euthanasie und Zwangssterilisierung von sogenannten „unerwünschten Menschen/unerwünschten Lebens“ auseinander zu setzen.

Das unerwartet große Interesse von Menschen mit Behinderungen, sich mit ihrer Geschichte und der gesellschaftlichen Wahrnehmung zu befassen, führte dazu, weitere Workshops zu ermöglichen.

In Workshops begaben sich die Teilnehmer auf Spurensuche in die Zeit der NS-Geschichte, in Stadt und Kreisarchiven, in Museen und in Gedenkstätten. Postkarten aus Meseritz-Obrawalde  die vom Tod zweier Möllner Bürger berichtet; Tötungsanstalten in ganz Deutschland; Kindereuthanasie in Kinderfachkliniken; eine Akte eines  junges Mädchen, das zwangssterlilisiert wurde, zu der eine Dokumentation entstand. Eigene Ausgrenzungs-Erfahrungen und immer wieder das nachträgliche Entsetzen mit der Frage – wie konnte das alles passieren?

Dazu kommt die Auseinandersetzung mit der Gegenwart – wie ist es heute – und wo steuern wir in Zukunft hin: Pränatale Vorsorgeuntersuchungen und genetische Forschung? Sind wir wieder auf dem Weg zum perfekten Menschen? Mit einer öffentlichen Gedenkfeier am 27. Januar 2016, gemeinsam mit dem Museum Alte Synagoge Hagenow, beleuchteten wir sieben unterschiedliche Schicksale in der NS-Zeit, berichteten über unsere Workshop-Ergebnisse und warfen einen kritischen Blick in die Zukunft.  Eigentlich sollten damit die Workshops beendet sein, doch von den bisherigen TeilnehmerInnen sind weitere Workshops angefragt. Somit sind weitere Planungen entstanden:

Aufbereitung der Dokumentation zur Zwangsterilisation in leichter Sprache, eine Fahrt nach Meseritz-Obrawalde (heute Polen) auf den Spuren der Möllner Postkarten, eine Fahrt nach Berlin u. a. zur der Gedenkstätte Aktion T4, eine Fahrt nach Alt Rehse (Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte)  dem ehemaligen Schulungsort für NS-Ärzte und Hebammen, weitere exemplarische Aktenforschung zur NS-Zeit und Aufarbeitung von Schicksalen von Menschen mit einer Behinderung sowie weitere Workshops mit Schülern und Konfirmanden zur Ausgrenzungs-Problematik – Gestern und Heute.

Kontakt:

Lebenshilfewerk Mölln-Hagenow gGmbH
Almuth Grätsch
agraetsch@LHW-zukunft.de

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